Samstag, 15. August 2015

Urtümliche Tage in Yunga

Am 111. Tag als Volontär in Arequipa - es ist der 277. Tag meiner Reise - mache ich mich wiedereinmal auf zu einer Expedition in die hinteren Berge, dorthin, wo es durch tätige Vulkane und schreckliche Schotterpisten, keine Touristen verschlägt.
Nach neunstündiger Busfahrt endet der Bus in einem Bergdorf. Langsam wird es dunkel. So frage ich, wo ich mein Zelt aufstellen kann. Da es nachts sehr kalt wird, nimmt mich sehr freundlich ein Minenarbeiter auf. In einer Lehmhütte schlage ich nun mein Lager auf. Wir kochen uns noch ein paar rote Kartoffeln. Später schlafe ich gut.
Der nächste Tag beginnt mit einer zweistündigen Wanderung. Da es sehr kalt ist, binde ich eine Decke um mich. Langsam schleicht sich die Sonne ins Tal. Am Wegesrand steht ein Schild: "Agua caliente". So verlasse ich meinen Weg und gelange in etlichen Windungen hinab zum Fluss. Ich werde wirklich mit einem köstlichen warmen Wasser belohnt, lege mich für eine Weile in ein Becken über einer heißen Quelle. Meine Lebenskräfte kehren zurück. Von diesem Erlebnis erzählen auch ein paar Fotos in meinem Blog.
Mittags erreiche ich das Bergdörfchen Yunga.  Dort besorge ich mir ein Übernachtungsmöglichkeit durch die Ortverwaltung. Diese zweite Nacht werde ich in einem Haus, wo auch die Polizei untergebracht ist, übernachten.  Unten ist die Polizei stationiert, oben gibt es die Betten der Gemeinde. Im Eingang der Polizeiwache steht immer ein Polizist, der mit: "Heil Hitler" salutiet.
Am Nachmittag steige ich hinauf in die Berge, denn ich habe erfahren, dass hoch oben ein traditionelles Fest stattfinden soll. Ich gelange zu einem Ruinendorf.  Doch weit und breit kann ich niemanden sehen. Bin ich hier richtig, frage ich mich. Das Fest soll doch schon um eins beginnen. Ratlos warte ich. Gegen um zwei kommt ein einzelner Mann. Er bestätigt mir, dass es ein Fest geben soll. Ganz langsam, Familie für Familie, Stunde um Stunde füllt sich die Festwiese.
Die Männer setzen sich auf Steine eines Steinkreises. Von einem Ältesten wird mit Früchten eine Zeremonie durchgeführt. Die Frauen und Kinder sitzen in Gruppen dahinter.
Jeder der kommt, bekommt von den Frauen zwei Becher voll Chicha, ein Maisgetränk.  Sehr viele Frauen begrüßen mich auf diese traditionelle Weise, dass mein Magen immer größer wird. Ich möchte nicht ablehnen, aber irgendwann wird mir schlecht. Der Magen dreht sich.
Die Männer sehen ganz normal aus, aber die Frauen und Mädchen sind eine Augenweide. Sie tragen bunte Röcke dieses Tales und bunte Hüte geschmückt mit Blumen.
Mit viel Lärm erscheint eine Musikgruppe. Die Stimmung nimmt zu. Auch von den Bergen kündigt sich eine Gruppe an. Die Jüngeren ziehen dieser zweiten Gruppe entgegen. Bei diser Gruppe dominieren nicht die Trommeln sondern die Flöten. Eine Zeremonie an der für die Inkas heiligen Quelle wird durch Musik begleitet. Dann wird auf der großen Wiese getanzt. Flott geht es auf der Wiese in kleinen Sprungschritten  auf und ab. Die Paare trennen sich. In Reihen kreisen nun die Frauen und die Männer für sich. Und wieder finden sich die einzelnen Paare.
Langsam kehrt die Dunkelheit ein. Einige Männer halten kurze Reden. Das Fest neigt sich dem Ende. Die Familien beginnen mit dem steilen Heimweg. Damit der Weg erhellt ist, werden Büsche am Wegesrand in Brand gesetzt. So gibt es riesige Fackeln.
Vor dem Dorf müssen alle Festteilnehmer warten. Keiner darf nach Hause gehen. In der Nacht wird das Fest auf dem Dorfplatz - mit Essen und Tanz - fortgesetzt. Ich bin so geschafft, dass ich unbemerkt durch eine Seitengasse entschlüpfe,  denn der Magen dreht sich und der morgendliche Bus wird nicht warten. Zugleich bin ich zutiefst erfüllt von meinen Erlebnissen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen