Freitag, 30. Dezember 2016

Manthoc

Manthoc ist eine Kinderorganisation, die es in vielen Städten von Peru gibt. Manthoc kümmert sich um Kinder aus Armutsviertel. Es werden Wege gesucht, um den Kindern zu helfen. Ihnen wird geholfen mündig zu werden, etwas Geld zu erwirtschaften sowie eine Gemeinschaft aufzubauen. Im Amazonastiefland besuche ich drei Gruppen von Manthoc. Ich möchte diese drei Gruppen kurz vorstellen.

In Pucallpa lebt Antonio im Haus von Manthoc. Antonio ist ein "Bruder". Er kümmert sich um die Kinder. Jeden Sonnabend kommen sie. Dann wird ihnen geholfen. Oft wird auch gemeinsam gespielt. Die meisten Kinder sind noch recht klein und leben in den Holzhütten ringsum. In diesem Viertel sind alle Familien arm.

Die zweite Gruppe besuche ich in Iquitos. Es ist die Gruppe: "mercado central". Alle Kinder müssen auf dem Markt mitarbeiten. Ihre Eltern haben kleine Marktnischen oder Stände. Die Jugendlichen müssen oftmals schon um vier oder um fünf Uhr mit ihren Eltern die Marktstände vorbereiten. Die Kinder kommen nach der Schule zum Helfen. Für die Kinder und Jugendlichen bleibt kaum Zeit für die Schule. Jeden Sonnabend trifft sich die Gruppe. In der einen Woche beraten die Kinder und organisieren sich. In der anderen Woche fertigen und verkaufen sie selbstgefertigte Produkte. So stellen sie zum Beispiel Schokolade her, die sie dann im Zentrum verkaufen.

Die letzte Gruppe, die ich besuche, ist die Gruppe: Iquitos-Belen. In Belen leben die Ärmsten Leute von Iquitos. Dieses Viertel ist unterhalb der Stadt gelegen. Die Menschen leben in einfachen Pfahlbauten. Es stinkt. Viele Leute sind betrunken. Die Kriminalität ist hoch. In Belen leben sehr viele Kinder, die oft in großen Trupps unterwegs sind. Diese Kindertrupps erinnern mich an die Kinderschar bei Emil und die Detektive. Wir sind zu tritt unterwegs. Die Kinder kommen angeströmmt, strahlen Lebendigkeit aus, lachen...

Der Dieb am Hafen

Laufe über  Bohlen,
Gedränge,
ein Schieben, ein Stoßen
und ein Rucken
am Rücken.

Plötzlich ist mein
Rucksack geöffnet.

Eile weiter,
Mülldunst
dämpft.
Schiffe rosten.
Wieder ruckt
es am Rücken.

Ein Mann enteilt,
mein Rucksack geöffnet.

Schrecke auf.
Drehe mich
in meine Achse.
Umschlinge
das Gepäck.
Wachsam ziehe auch
ich mich zurück.


Mittwoch, 21. Dezember 2016

Belen

Belen ist ein grosses Einkaufsviertel in Iquitos.
Im oberen Teil leben Reiche und Arme.
Dort gibt es Hotels, Villen,
aber auch einfache Maerkte.

Doch Belen ist auch das aermste Viertel
von Iquitos. Es gibt einen tiefergelegenen Teil.
Dort leben die Leute in einfachen Holzhaeusern,
die auf Pfaehlen stehen.

Jedes Jahr gibt es Zeiten, wo die Haeuser
im Wasser stehen. Es ist modrig.
Manchmal versinken die Haeuser fast
ganz im Fluss.

Ueberall liegt Muell. Betrunkene
laufen umher. Am Fluss und vor den
Holzbauten werden die Waren sehr
billig angeboten.

Die Menschen draengen durch die Gassen.
Ueberall gibt es Kinder, Frauen, Maenner,
Verkaeufer, Diebe...Das Viertel platzt.
Es riecht und stinkt und lebt, unterhalb der Stadt.

Dienstag, 20. Dezember 2016

Dorfleben


Die Menschen leben in Holzhaeusern mit Wellblechdaechern.

Eine junge Frau verkauft Fruechte.

Einige Leute spielen Bingo.

Viele Kinder treffen sich auf der Strasse.

Ein Mann ist bei seinem Haus zu sehen.

Bei den Indianern

Palestina, sie ist Sozialarbeiterin an drei Schulen, lud mich zu einer Exkursion in ein Indianerdorf ein, wohin sie zu einer Filmauffuehrung unterwegs war. Ueber den Besuch des Dorfes werde ich jetzt berichten:
Es ist Nachmittag. Ich mache mich auf zur Exkursion mit Palestina in ein kleines "Indianerdorf". Zuerst fahre ich mit dem Bus zu einem Hafen am Rande von Iquitos, steige in ein Boot, welches mich zu der Schule bringt, wo Palestina gerade arbeitet. Kurz darauf steigen wir in ein Motortaxi. Ueber Wege geht die Fahrt dahin. Mehrmals durchqueren wir kleine Fluesse. Mitten zwischen Feldern stoppt das bedachte Dreirad. Auf einem feuchten Pfad eilen wir Richtung Dorf. Grosse Nachtvoegel, ich vermute Flughunde, umsegeln uns. Merkwuerdige Laute sind zu vernehmen. Mehrmals muessen wir hoelzerne Bruecken benutzen.
Erste Haeuser tauchen auf. Die Haeuser stehen auf Pfaehlen, Pfahlbauten. Bald erreichen wir eine Wiese. Die meisten Haeuser des Dorfes stehen in einem Rechteck um diese Wiese. Alle Haeuser sind aus Holz erbaut. Im Dorf geht es sehr ruhig zu. In dieser Abendstunde sind kaum Geraeusche zu vernehmen. Wir betreten einen Holzraum. Frauen und Kinder schaukeln friedlich in Haengematten. Das Miteinander ist gepraegt von Enge und Intimitaet.
Es kommt etwas "Hektik" auf. In der naechsten Zeit bauen wir das Filmfuehrgeraet und die Leinwand, legen ein Kabel zu den Geraeten. Viele Kinder, Frauen und ein paar Maenner eilen herbei. Auch die Maenner strahlen einen grossen Frieden aus. Trotz Regen, sehen wir den Film im Freien. Den "Indianern" scheint der Regen nichts auszumachen. Eher wirkt es so, als ob sie sich im Nassen wohlfuehlen wuerden. Im Film geht es um Jugentliche aus "Indianerdoerfern", die den Weg zu einer Univerrsitaet meistern. Das ist ein schwerer Weg, da sie mit einer anderen Sprache und einer anderen Kultur viele Hindernisse bewaeltigen muessen. Ausgrenzungen und Rassismus sind leider an der Tagesordnung.
Nach der Filmvorfuehrung machen wir uns wieder auf den Weg. Nasse Pfade. Schatten. Laute Geraeusche. Kroeten. Bei Regen stolpern wir von Pfuetze zu Pfuetze. Hinab zur Bootsstelle muessen wir durch Schlamm waten. Dann gleitet das Boot durch die Nacht gen Iquitos dahin. Bin beglueckt von dem, was ich erleben konnte.

Montag, 19. Dezember 2016

Iquitos - die Stadt im Dschungel

Diese Busse gibt es nur in Iquitos. Da es in dieser Stadt immer heiss ist, gibt es in den Bussen keine geschlossenen Fenster.
Am Strassenrand werden Bananen verkauft. Es gibt sehr unterschiedliche Sorten. Es gibt Bananen, die muessen angebraten bzw. gekocht werden.
In der Naehe des Flusses leben Menschen in diesen Haeusern auf Stelzen. Bei Hochwasser stehen die Haeuser unter Wasser.
Kinder spielem unter einem Dach. Hier liest ein Maedchen den anderen Kindern etwas vor.
Auch in Iquitos sind die meisten Menschen mit Motortaxis unterwegs. Diese Befoerderungspraxis ist zwar etwas teuer als der Bus, man kommt aber ziemlich schnell zu seinem Ziel.

Wie ich zum Luegenbaron geworden bin

Nun bin ich seit ein paar Tagen auf dem Schiff unterwegs. Es laeuft meist nach dem gleichen Muster. Schnell lerne ich neue Leute kennen. In der Regel haben diese meist jungen Peruaner eine Ehefrau und viele Kinder. Um so mehr Kinder sie haben, um so stolzer sind sie. Dann kommt der Schock, wenn ich ihnen erklaere, dass ich Single bin. Sie sind verwirrt. Wie kann man den Single sein? Gibt es denn eine andere Lebensform, als die Familie? Was hat man davon Single zu sein? Dass ich als Single oder Junggeselle auch gluecklich sein kann, kann sich mein Gegenueber kaum vorstellen. Dies wiederum hat fatale Folgen fuer mich. So sind meine neuen Freunde oder Freundinnen nach meinem Offenbarung damit beschaeftigt, mir immer neue Frauen vermitteln zu wollen. Staendig bekomme ich neue Angebote. Der Tag auf der Faehre wird zum Heiratsmarkt. Dies wiederum entwickelt sich fuer mich zu einer laestigen Angelegenheit. Sicher ist es auch nicht gerade angenehm fuer jede Frauen, die als meine Frau erwaehlt wurde.
In dieser Lage sinne ich auf eine List. Ich erfinde mir einfach eine Familie. Ich erfinde mir eine Ehefrau, die in Deutschland lebt. Ich erfinde mir zwei Kinder. Ich erfinde mir ein Familienleben auf der anderen seite des Ozeans. Somit wird mein Leben auf dem Schiff viel ruhiger. Jetzt bin ich nicht mehr auf dem Heiratsmarkt, fuehle mich nicht mehr wie in der Fernsehsendung: "Bauer sucht Frau". Kann einfach wieder unbeschwert in den Tag hinein leben.
Doch eins habe ich nicht bedacht. Jetzt bin ich ein "Luegenbaron". Ein paar Luegen muessen neue Luegen mit sich bringen. Ich muss mir fuer meine Geschichten also immer neue, immer weitere Luegen ueberlegen. Mein ganzes Leben muss quasi neu konstruiert werden. Nun ist es wichtig, dass ich jedem die gleichen Geschichten erzaehle. Und was passiert, wenn sich die Leute treffen, die wissen, das ich ein Single bin mit den Leuten, die meine Luegengeschichten kennen. Dann wuerde ich als Luegenbaron entlarvt werden. So muss ich feststellen, das ein Leben als Luegenbaron auch kein einfaches Leben ist... Erleichtert verlasse ich nach dreieinhalb Tagen das Schiff und nehme mir vor wieder Single zu werden, auch wenn ich auf diese Weise wieder zurueck auf den Heiratsmarkt gestossen werde.

Freitag, 16. Dezember 2016

Ueber das Fotografieren

Das Fotografieren ist eine merkwuerdige Sache. Manchmal ist es moeglich, manchmal nicht. Es gelingt oder es gelingt nicht.
Es gibt Tage da habe ich einfach keine Energie zum Fotografieren. Da bin ich muede, lebe und erlebe. Der Fotoapparat bleibt im Rucksack.
Es gibt Tage, da werden die Aufnahmen einfach nicht gut, da will es mir nicht gelingen. Die Aufnahmen "gluecken" nicht. Dann ist es besser aufzuhoeren.
Letztens fuhr mich ein Fischer in einem Einbaum ueber den Fluss. Rosa Delphine sprangen neben uns im Fluss. Doch ein Fotografieren war nicht moeglich.
Auf dem Frachtschiff sah ich ein paar Dschungelschoenheiten. Doch ein Fotografieren war nicht moeglich. Ich konnte mich einfach nicht hinstellen und sie fotografieren.
Es ist merkwuerdig, ich begegne einem Mensch, es ist richtig gut, und doch ist es nicht moeglich, diesen Mensch zu fotografieren. Gerade, wenn es so richtig gut ist, dann habe ich eine Fotosperre in mir. Merkwuerdig. Oder gut so? Vielleicht. Es ist pesoenlich, intensiv, eigen. Diese kleinen Augenblicke, die das Leben ausmachen, sind einfach nicht einzufangen. Sie sind einzig, der Stoff fuer Geschichten, das private Gedaechtnis wie fuer die Fantasie.

Die gekrümmte Nacht

Liege in der Hängematte
mal rechts
mal links
Unruhe in mir
schrecke auf
der Rucksack
ist noch da
doch der Rücken
schreit
quäle mich aus der Matte
und schaue in die Nacht
wieder zurück
gekrümmt in der Matte
mal rechts
mal links
Unruhe in mir
schrecke auf
der Rucksack
ist noch da
doch der Rücken
schreit
quäle mich aus der Matte
und schaue in die Nacht
wieder zurück
baue mir ein Lager
unter der Matte
liege auf Stahl
mal rechts
mal links
Unruhe in mir
schrecke auf
der Rucksack
ist noch da
doch der Rücken
schreit
quäle mich aus der Matte ...

Der Tag auf dem Frachtschiif

Am Morgen -
da wartet man.
Lange schweift der Blick
über den Fluss
zu den sich in den Bäumen
tummelnden Nebeln.
Die Glocke schallt.
Mit der Plastikbox eilen
die Passanten zur Essensausgabe:
Hafensuppe und zwei Brötchen.
Das Schiff rattert gemächlich dahin.
Wieder verkriechen sich die Passanten
in ihre Hängematten - Zeit zum Schaukeln.
Warten, träumen, sinnen, warten.

Am Mittag -
da wartet man.
Die Sonne faucht feuernd über
dem Wald, dem Fluss wie
dem eisernen Frachtschiff.
Und alles was ist, stöhnt schwitzend.
Die Glocke schallt.
Mit der Plastikbox eilen
die Passanten zur Essensausgabe:
Hühnchenbein mit Reis.
Das Schiff rattert gemächlich dahin.
Wieder verkriechen sich die Passanten
in ihre Hängematten - Zeit für Schaukeln.
Warten, lesen, malen, warten.

Am Abend -
da wartet man.
Der feurige Ball senkt sich hinab
zu den Wipfeln der Urwaldriesen.
Die Bäume und Dörfer hüllen sich
in rötliche Kleider.
Die Glocke schallt.
Mit der Plastikbox eilen
die Passanten zur Essensausgabe:
Suppe mit Hühnchen wie Reis.
Das Schiff rattert gemächlich dahin.
Wieder verkriechen sich die Passanten
in ihre Hängematten - Zeit zum Schaukeln.
Warten, quatschen, singen, warten.

Donnerstag, 15. Dezember 2016

Dschungelschönheiten

Auf dem Schiff begegnete ich ihnen
- so hatte ich sie mir vorgestellt -
nein, in Wirklichkeit waren sie
viel schöner , als ich sie mir
vorzustellen gewagt hatte.

Ihre Haut leuchtete dunkel,
ihre Haare wehten schwarz
und ihr Augen waren wie die Nacht.
Die Pupille verschmolz mit der Iris
zu einem Smaragd aus Ebenholz.

Meine Fantasie wähnte sie
mitten im Dschungel.
Ich sah sie auf den rosa
Delphinen in der Abendsonne
wie beim Tanz um das Feuer.

Doch diese Dschungelschönheiten
wohnen im Moloch Lima
- ein größeres Moloch als Berlin -
und sie fahren nur im Schiff
durch den Urwald ins Moloch Iquitos,
doch den Urwald, denn kennen sie nicht.

Und diese Dschungelschönheiten
leben äußerst modern.
Zwei Stunden schminken wie
zwei Stunden Modezeitschriften inhalieren.
Selbst auf dem Schiff  - geladen mit
Dschungelschönheiten - ist der Dschungel fern.

Leben auf dem Schiff






Über Nähe, Körperkontakt und Enge

Nun schrieb ich zuerst über schlimme Dinge, die geschehen, die auch geschehen. Es ist auch wichtig.
Doch ich erlebte zuallererst eine Gesellschaft, die der die Familien in sehr viel Nähe und mit intensiven Körperkontakt zusammen leben.
Letztens fuhr ich auf einem Frachtschiff. In einem Obergeschoss waren mit mir viele Familien unterwegs. Meine Hängematte hing gleich neben dem Bereich einer Familie. Da könnte ich einiges miterleben, wovon ich kurz berichten möchte. Ich denke mich in die erlebte Situation zuruck:
Die Mutter liegt mit dem Baby in einer Hängematte.
Das Baby liegt auf ihrem Bauch, hin und wieder
trinkt es etwas Milch. Ein Kind schaukelt die Matte
und die Mutter summt dazu ein Lied. Geschwister spielen schaukelnd in einer anderen Hängematte. Weitere Kinder
tollen umher. Hockend windelt kurze Zeit später die Mutter ihr Baby. Zum Mittag sitzt die Familie auf einer Decke ganz eng beieinander,  Körper an Körper. Dann springen die Kinder wieder umher. Als die Mutter sich duscht. sitzt der Vater mit ein paar Jungs zusammen....
Immer aufs Neue erlebe ich diese Enge in den Familien. Die Kinder sind ganz nah bei der Mutter, beim Vater. Es geht sehr friedlich zu. Die Babys werden massiert,  im Tuch getragen, liegen in der gleichen Hängematte. .. Bei den etwas altern Kindern übernehmen dann recht schnell ältere Geschwister die Verantwortung. Sie schaukeln, füttern, betreuen ganz selbstverständlich.

Mittwoch, 14. Dezember 2016

Gewalt gegen Frauen

Immer wieder mal hoere ich von Demonstrationen. Demonstrationen in Lima und anderen Staedten des Landes. Es wird demnonstriert gegen die Gewalt an Frauen. Die Bewegung wird staerker. Es gibt keine Gleichberechtigung. Uebergriffe sind an der Tagesordnung.
Die Familien leben meist in Enge zusammen. Auch ist die koerperliche Naehe sehr viel groesser als in Deutschland. Dies ist in der Regel sicher auch recht gut so. Doch erhoeht sich damit auch die Gefahr der koerperlichen Uebergriffe. Uebergriffe sind vielfaeltig. Es wird geschlagen oder andere koerperliche Gewalt ausgeuebt. Daneben gibt es dir psychische Gewalt.
In Peru scheint fuer die grosse Mehrheit der Gesellschaft festzustehen, dass der Mann ueber der Frau steht. Im Haushalt uebernimmt meist die Frau alle arbeiten. Beim Essen bedient sie in der Regel alle Leute, nimmt selbst am Essen garnicht teil. Sie ist die Umsorgerin....
Sehr jung Maedchen werden Maedchen zur Mutter. Ich erlebe und sehe viele ueberaus junge Muetter. Eine Sozialarbeiterin, die Jugendliche an drei Schulen in Iquitos begleitet, berichtet mir, dass die jungen Muetter unter fuenfzehn Jahren in der Regel von einem Familienmitglied vergewaltigt wurden. Oft war es der Onkel, der Cousin, der Bruder oder der Vater... (Bei den Maedchen ueber fuenfzehn Jahren ist ein Freund meist als Vater anzusehen.)

Dienstag, 13. Dezember 2016

Verlassen

Da standen überall Leute.
Motor Taxis kamen angebraust
und sammelten sich. Selbst die
Polizei war mit zwei Fahrzeugen
herbeigeeilt. Blau kreiste das
Licht durch die Menge. Und immer
mehr Menschen kamen hinzu.
Auch ich blieb stehen.



Da lag eine blaue Folie.
Diese Folie wurde bewacht.
Man redete über sie.
Alle taten dies. Man sprach
mit dem rechten Mann,
mit der linken Frau.
Und so kamen die
Informationen.


Da lag ein Fötus,
fast ein Baby.
Verlassen
auf der Erdkruste.
Mitten im Lärm
des Viertels.
In den Nachmittagsstunden
eines gewöhnlichen Tages.

Sonntag, 11. Dezember 2016

Die Hütten der Armen





Bruchstuecke von Pucallpa

Lande in einen Hostel.
Es ist stickig.
Alte Bettbezuege.
Die Luft steht.
Gaensehaut ueberall.
Feucht durch
Hitze wie Dreck.
Am naechsten Tag
lande ich bei Antonio.
Ein heiliger Bruder.
Die Nacht ist wieder stickig.
Doch ein Ventilator
schwenkt die
feuchtheisse Luft.
Kann nicht schlafen.
Ueberall laermt es.
Die Strasse ist belebt
mit rassenten
Motortaxis.
Antiono fuehrt mich durchs
Viertel. Froehliche
Kinder springen ueber die
Erdwege. Holzhueten,
Armut, Hitze.
Fahren zu einem anderen Viertel.
Wieder Erdwege, Holzhueten,
Armut und Hitze.
Die Nacht kommt.
Die Motortaxis laermen
und der Ventilator
schwenkt die
feuchtheisse Luft.

Samstag, 10. Dezember 2016

Die Vehikel des Ucayalis








Auf dem Weg in die Tiefe

Sitze im Bus
seit Stunden
Das alte Vehikel
windet sich in
unendlichen Windungen.
Ein Kind weint
ohne Unterbrechung,
die Luft wird eng.
Es wird kaelter,
die Anden lachen
durch die Busritzen.
Eine Heizung ist
in diesem Vehikel
natuerlich nicht mehr
vorhanden. An Schlaf ist
auch nicht zu denken.
Bin ein Eisklumpen,
der vor sich hin
bibbert. Wir kriechen
bei 4800 Metern
ueber den Pass.
Dann geht es abwaerts.
Doch die Kaelte
nehmen wir mit.
Mein Bauch und Kopf denkt
nun auch ans Erbrechen,
wie es das Kind in seinen
Weinpausen praktiziert.
Es geht tiefer und tiefer,
der Weg in die Tiefe.
Nach Stunden erreichen
wir eine Schwelle.
Es ist die Schwelle,
die das Gebirge
von der Tiefebene trennt.
In schmodrigen Wegen
schlickert das Vehikel,
wie viele andere Vehikel.
-Solche Vehikel gibt es
auch im Verkehrsmuseum.-
Irgendwann stoppt der
Vehikelzug. Und er stoppt
fuer Stunden. Die Menschen
lagern an den Rändern.
Mit den Regenfaellen
der Nacht gingen Strassen-
abschnitte in die Tiefe.
Wir warten und schwitzen,
denn hier an der Schwelle
beginnt das Reich der Tiefe.
Dieses Reich haucht die Hitze
wie die Tiefe, die aus dem
Inneren hervorzulodern scheint.
Nach Stunden setzt sich die
Fahrt fort. Die Vehikel-
karawane kriecht wieder.
Tiefer und tiefer.
Alles schwitzt, die Felder,
die Waelder, der Bus.
Und in seinem Inneren
schwitzen seine Passanten,
bis sie dampfen.
Rauchend erreicht
das Vehikel Pucallpa
- die Stadt in der Tiefe -
am Rande des Amazonabeckens.

Donnerstag, 8. Dezember 2016

Der zweite Abschied

Eines Tages kam mein Abschied. Er ließ sich irgendwann nicht mehr aufhalten. Es war traurig, aber auch chaotisch, wie fast alles im Viertel auch eine chaotische Note trägt. Die Kinder fragten, warum ich gehe. Wir liefen die Wege auf und ab, probierten ein paar Spiele und kauten Kaugummis. Dann begleiteten die Kinder mich noch zum steilen Hang. Bei dem ganzen Auf und Ab wurde natürlich viel gelacht, es waren ja auch die Kinder von Portales. Und diese Kinder sind arm und lachen fast 2/3 vom Tag.






Gedanken über die Fröhlichkeit

Ich frage mich immer wieder, warum die Kinder in meinem Viertel so fröhlich sind. So eine richtige Antwort habe ich noch nicht gefunden. Ich bin noch beim Nachdenken. Doch so manche Dinge fallen mir dazu ein.
Die Kinder haben viel Zeit. Ihre Tage sind nicht verplant. Sie können spielen und ihre Spiele selbst entwickeln.
Die Familien leben eng verbunden mit ihren Kindern. Viel wird miteinander gelacht.
Die Kinder lernen besonders durch Nachahmung. Sie übernehmen zeitig Verantwortung, indem sie für ihre Geschwister mit sorgen oder bei den Arbeiten der Eltern helfen. So wachsen sie zeitig mit ihren Aufgaben.
In Deutschland gibt es ein ausgesprochenes Leistungssystem. Gemessen wird an der Höchstleistung. Weniger Punkte werden schnell als Manko dargestellt. Durch diesen Druck können Kinder ihre Fröhlichkeit verlieren.
Oh, mir fällt nicht viel sinnvolles ein. Sicher habt ihr Ideen zu diesem Thema. Ihr könnt mir ja eure Gedanken aufschreiben. Dann entsteht vielleicht nochmal etwas ausgereifteres. Nun es ist, wie es ist.

Dortmund gewinnt in einer perunischen Kneipe

Kurz kehre ich in die Realität. Das muss einfach mal sein.
Normalerweise hängt mein Blog mit seinen Fotos und Berichten einige Wochen der Realität (der Gegenwart) hinterher. Morgen fliege ich von Lima über Madrid nach Frankfurt. Doch über die Wochen im Regenwald habe ich noch nichts berichtet. Dafür wird dann in Deutschland noch genügend Zeit sein.
Doch davon wollte ich eigentlich garnicht berichten. Gestern verfolgte ich in einer peruanischen Kneipe das Fußballspiel Madrid - Dortmund. Irgendwann stand es 2:0 für Madrid. Die Peruaner jubelten und ich sah trübseelig in meine Suppe. Das Spiel war gelaufen.
Doch dann drehte Dortmund auf. Es fielen zwei Tore. Reus setzte den Schlusspunkt. Ich sprang auf und klatschte. Meine Kneipebrüder wunderten sich. Doch hatten sie auch etwas Verständnis mit dem suppelöffelnden Deutschen.