Sonntag, 30. Oktober 2016

Kontrastprogramm

Als ich das erste Mal im Valle de Cola
landete, da verschlug es mich in ein
kleines Dorf in der Nähe von Chivay.

Das Dorf schien schon lange keinen
Touristen mehr gesehen zu haben.
Lang dauerte die Suche nach der
kleinen Unterkunft. Die Wirtin war
begeistert, endlich wieder mal
Gäste zu haben, erzählte lange und
spannend von der Geschichte des Ortes.
Dann zog sie uns hinweg zum
Fest, das durch die Straßen walzte.
In Trachten tanzte das ganze Dorf
- laut und ergriffen - durch ihr Revier.
Kein Zuschauer störte ihr Fest.
Die lauten Rufe, innigen Tänze,
um den Frühling. Nach dem Fest
stellte sich ein genau so absoluter
Schlaf ein. Am folgende Tag ging es
durch Felders, zu abgelegenen
Inkagräbern, aber auch zu
warmen Thermalquellen am Fluss.
Die Pfade waren verlassen, nur die
Einheimischen gingen diese Wege,
um ihre Felder zu bearbeiten sowie
die Tiere auf die Weiden zu führen.
Doch die wenigen Menschen, denen wir
begegneten, die waren innig. Sie freuten sich
uns zu sehen, waren interessiert, wünschten
einen guten Weg. Glücklich wanderten wir
weiter.

Zwei Wochen später verschlug es mich das zweite
Mal ins Valle de Colca. Diesmal war ich mit zwei
Schweizerinnen und einer Bulgarin unterwegs.
Wir fuhren in das Gebiet von Cabanaconte, dorthin
wo das Flusstal besonders tief eingeschnitten ist,
dorthin, wohin sich die meisten Touristen auf den
Weg machen.

Die Wanderung war (streckenweise) eine einzige
Bedrängnis. Vor und hinter uns bremsten bzw. drängten
touristische Großgruppen. Mitunter kam ich mir vor, als
würde ich in mich in einem Auto im Stadtverkehr bei
zähflüssigem Verkehr befinden. Meine ganze Konzentration
galt dem Weiterkommen, dem Überstehen der Situation.
Am Wegesrand mussten wir Wasser kaufen. Die Preise
hatten sich vervielfacht und die Verkäufer schienen nur
noch den Touristen zu sehen, ihre Freundlichkeit schien
berechnend zu sein. In der Unterkunft fiel ich in eine
stundenlange Leere.
Am nächsten Tag wiederholte sich die Erfahrung des Vortages.
Der Pfad war übervoll. Überall Touristen. Es gab mitunter ein
Drängen darum, wer als erster gehen durfte. Ein Wettstreit
um Schnelligkeit setzte ein. Dazu kamen drängende Esel
und Maultiere, welche bequemere Touristen nach oben
beförderten. Manche Touristen hatten so einen beträchtlichen Bauch, dass sie den Aufstieg sicher nicht zu
Fuß geschafft hätten. Vermutlich gab es auch Amerikaner darunter, die sich von Fastfood ernährten. Wie gesagt, irgendwann schaltete ich mich aus, wurde selbst zum Esel und
gab mich der Langsamkeit hin. Erst dann hatte ich wieder einen
Blick für meinesgleichen wie anderen Wunder am Wegesrand.


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