Montag, 18. April 2016

Das silberne Zelt erzählt

Das silberne Zelt erzählt von der Tankstelle, der Weide sowie dem Wasserwagenfahrer:
"Nun bin ich das neue Zelt von Stephan. Da sein grünes Zelt - so erzählte er mir - in Kolumbien geblieben ist, hat er mich gekauft. Ich bin ein kleines, silbernes Zelt. Ich glaube, dass ich ein recht schönes Zelt bin. Ich bin ja auch silbern. Dreimal erwachte ich bisher zum Leben.
Das erste Mal wurde ich in einer schrecklichen Regennacht in einer Tankstelle aufgebaut. Für mich war es eine interessante Nacht. Immer wieder tauchten Autos auf. Der alte Tankwart kam und füllte Benzin in den Tank. Hin und wieder tauchten Straßenhunde auf, verzogen sich aber wieder, als der Tankwart auftauchte. Da ich in einer Werkstatt aufgebaut war,  gab es kaum Wind. Auch war es recht trocken. Nur der Boden klebte an mir. Ich glaube, dass es Motorenöl  gewesen sein muss.
Eine Nacht später wurde ich auf einer Weide unter einer Pappel aufgebaut. Ein frischer Wind kühlte meine silberne Haut. Am Abend kam ich mit ein paar Schafen und Truthähnen in Kontakt. Doch sie trauten sich nicht zu nah zu mir. Wahrscheinlich hatten sie etwas Angst vor mir. Die Pferde und ein kleines Schwein dagegen erschienen mir am nächsten Morgen mutiger zu sein. In der Nacht schnarchte Stephan in mir. Am Anfang störte es mich, doch später dachte ich, dass es auch ganz gut für mich ist, so denken die Tiere der Nacht, ich sei ein recht gefährliches Tier. Ein Tier, welches solche Laute gibt, muss sehr gefährlich sein. Manchmal schaute der Bauer, dem die Weide gehört, zu mir. Auch er getraute sich nicht in meine Nähe. Vielleicht hatte er auch Angst vor mir.
Die dritte Nacht wurde ich neben einem Bauwagen an einer abgelegenen Kreuzung aufgebaut. In dem Bauwagen wohnte ein Wasserwagenfahrer, der tagsüber bei Straßenbauarbeiten Wasser spritzt. Hinter dem Bauwagen lag recht viel Müll, denn alles, was der Wasserwagenfahrer nicht braucht, fliegt durch die offene Tür. Als der Müll be Seite geschoben war, konnte ich  errichtet werden. In der Nacht schien es recht kalt zu sein. Stephan deckte sich mit allen Sachen, die er in seinem dicken Rucksack hatte, zu. Immer wieder drehte er sich und sortierte die Decken und Pullover an den kälteren Stellen. Am nächsten Morgen brauchte er lange, um munter zu werden. Erst die Sonne gab ihm eine gewisse Schnelligkeit zurück.
Meine Haut ist so gut, dass ich nichts hindurch lasse. So kann aber auch die Feuchtigkeit nicht aus mir heraus. Ich freue mich jeden Morgen, denn dann regnet es auf Stephan herab. Sein eigene abgegebene Feuchtigkeit regnet auf ihn hinab. Das ist dann eben seine Morgendliche.
Jetzt liege und schlafe ich im roten Rucksack und warte auf das nächste Abenteuer. "

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